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MPS I – Morbus Hurler

Bub mit MPS I Morbus Hurler beim Schwimmen.

MPS I, auch Morbus Hurler genannt, weist eine große klinische Unter­schied­lichkeit auf. Die schwerste Verlaufsform ist der Morbus Hurler (MPS I-H). Am anderen Ende des klinischen Spektrums steht der Morbus Scheie (MPS I-S). Dazwischen existieren alle Übergänge mit unterschiedlicher Ausprägung, der Morbus Hurler-Scheie-Compound (MPS I H-S). Es ist aber sehr wichtig zu bedenken, dass – welches Syndrom auch immer ein Kind hat – diese Erkrankung in ihren Auswirkungen sehr stark variieren kann.

Das Krankheitsbild wurde 1919 erstmalig von der deutschen Ärztin Gertrud Hurler beschrieben und in der Folge auch nach ihr benannt.

Wie sehen Kinder mit Morbus Hurler aus?

Kind mit MPS I (Morbus Hurler)

Wir wollen Sie an dieser Stelle über das Krankheitsbild aufklären und darüber, dass es doch Mittel und Wege gibt, Ihren Kindern das Leben so lebenswert als möglich zu gestalten und die Probleme, die es nun einmal geben wird, in den Griff zu bekommen. Wenn Sie an einer ausführlicheren Beschreibung interessiert sind, so finden sie mehr unter Publikationen.

Äußere Erscheinung

Das hervorstechendste Merkmal ist ein großer Kopf. Er hat eine spezielle Form. Die Stirn ist stark vorgewölbt, der Durchmesser von der Stirn zum Hinterhaupt vergrößert. Charakteristisch sind eine breite Nase mit flacher Nasenwurzel, abgeflachte Augenhöhlen mit vorstehenden Augen und dicke wulstige Lippen mit großer, eventuell vorstehender Zunge.

Die Haare sind steifer als üblich. Die Augenbrauen buschiger und die ganze Körperbehaarung ist stärker als normal. Die Ohren sind groß und besitzen lange fleischige Ohrläppchen.

Kinder mit Morbus Hurler haben durch die Vergrößerung von Leber und Milz einen großen Bauch. Nabel- und Leistenbrüche treten bereits sehr früh auf. Der Brustkorb ist im Sinne einer Hühner- oder Trichterbrust verändert. Die Körpergröße variiert mit dem Schweregrad des Krankheitsverlaufes. Die MPS I-Kinder werden oft nicht größer als 100 cm.

Zähne

Die Zähne haben weite Abstände und sind mit minderwertigem Zahnschmelz überzogen. Es ist wichtig, dass die Zähne gut gepflegt werden, denn Zahnkaries kann Schmerzen verursachen.

Wenn das Wasser nicht genügend Fluor enthält, dann geben Sie Ihrem Kind täglich Fluortabletten.

Wenn Ihr Kind bekannte Herzprobleme hat, wird es notwendig sein, vor und nach einer Zahnbehandlung Antibiotika zu geben. Gerade während einer Behandlung gelangen manche Keime vom Mund in den Blutstrom und können eine Entzündung der Herzklappe verursachen. Wenn Zähne unter Narkose gezogen werden müssen, dann soll dies nur im Krankenhaus unter der Aufsicht eines erfahrenen Anästhesisten gemacht werden.

Bewegungsapparat

Weil die Wirbelkörper nicht richtig geformt sind, tritt häufig eine Wirbelsäulenkrümmung (Kyphose) auf, die man eigentlich nicht behandeln muss. Alle Patienten mit MPS I leiden an einer Hüftgelenksluxation, aber eine Behandlung ist nicht immer ratsam oder notwendig.

Bei allen Formen von MPS I treten häufig steife Gelenke auf. Die Beweglichkeit ist eingeschränkt, besonders im Schulter- und Ellbogengelenk. Die Bildung von sogenannten Klauenhänden entsteht durch die Versteifung der Finger und die allgemeine Hautverdickung. Durch die Verdickung der Bänder zwischen den Handwurzelknochen, kann es zur Ausbildung des Karpaltunnelsyndroms mit Schmerzempfindungs- und Gefühllosigkeit kommen.

Viele Kinder mit Morbus Hurler haben beim Stehen und Gehen abgewinkelte Knie und Hüften. Das, zusammen mit einer verkürzten Achillessehne, bewirkt, dass sie auf den Zehenspitzen gehen. Manchmal findet man auch X-Beine, aber diese werden üblicherweise nicht behandelt. Die Füße sind breit und steif mit gebogenen Zehen, ähnlich den Händen.

Herausforderung für Kinder mit MPS Typ 1

Kind mit MPS I

Problemgebiete Nase, Rachen, Lunge

Da der Nasenrücken abgeflacht ist und die Luftwege hinter der Nase enger als üblich sind, kommt es leicht zur Verstopfung der Atemwege. Eines der weniger anziehenden Merkmale von Morbus Hurler-Kindern ist das ständige Rinnen von dickem Schleim aus der Nase, was auch ohne spezifische Infektion vorkommt. Die Mandeln können vergrößert sein und teilweise die Atemwege einengen. Der Hals ist kurz, die Luftröhre (Trachea) ist versteift und durch gespeichertes Material eingeengt.

Die Form des Brustkorbs ist abnormal und die Verbindung zwischen den Rippen und dem Brustbein ist nicht so beweglich wie sie sein soll. Der Brustkorb ist dadurch starr und kann sich nicht frei genug bewegen, um den Lungen zu ermöglichen, genügend Luft einzuatmen. Das Zwerchfell ist außerdem noch durch die vergrößerte Leber und Milz nach oben gewölbt, was den Platz für die Lunge weiter einschränkt. Das Lungengewebe ist durch gespeichertes Material verdickt und dadurch steifer.

Die Sekretion des Schleims ist vermehrt, was es für den Betroffenen noch schwieriger macht, diesen zu entleeren, da MPS-Patienten keinen so tiefen Atemzug machen können, um ordentlich auszuhusten. Wenn aber das Sekret aus der Lunge nicht vollständig entleert wird, bedeutet das ein erhöhtes Risiko für Infektionen, was zu Vernarbungen und damit weiteren Verengungen führen kann.

Viele erkrankte Kinder atmen sehr geräuschvoll, auch wenn sie keinen Infekt haben. In der Nacht können sie unruhig sein und schnarchen. Manchmal kann das Kind für eine kurze Zeit zu atmen aufhören (Schlaf-Apnoe). Es ist daher wichtig zu wissen, dass viele Kinder jahrelang so atmen können.

Organe

Herzprobleme sind bei Morbus Hurler-Patienten üblich, aber sie müssen nicht unbedingt zu Komplikationen führen. Bei Kindern mit MPS I vergrößert sich das Gehirn durch die Einlagerung von Mukopolysacchariden. Dies führt zu einer Störung der Hirn-Rückenmarkswasser-Zirkulation, so dass der Hirndruck ansteigt. Eventuell ist ein Shunt zur Ableitung der Flüssigkeit nötig.

Sinnesorgane

Durch eine Hornhauttrübung kann das Sehen eingeschränkt werden. Es kann manchmal ein Glaukom, ein unnatürlich hoher Druck im Auge auftreten und den Augennerv schädigen. Auch die Netzhaut (Retina, die lichtempfindliche Haut im Augapfel hinten) kann mitbetroffen sein.

Die Schwerhörigkeit der Kinder hat verschiedene Ursachen: Eine Schallleitungsschwerhörigkeit durch häufige Infekte, oder eine Innenohrschwerhörigkeit durch Mukopolysaccharid-Speicherung in den Sinneszellen.

Es ist für alle Kinder mit MPS wichtig, dass ihr Hörvermögen regelmäßig überprüft wird und dass Probleme möglichst frühzeitig behandelt werden, damit man dem Kind möglichst viele Chancen gibt, zu lernen und zu kommunizieren.

Die Haut ist verdickt und wenig elastisch. Schwitzen und kalte Hände oder Füße sind ein häufiges Problem bei Hurler-Kindern, da das Temperaturzentrum im Gehirn geschädigt ist.

Intelligenz

Die Intelligenz ist eingeschränkt und bereits Gelerntes wird wieder verlernt. Es gibt aber auch dabei eine große Variationsbreite. Manche Kinder können nur ein paar Worte sprechen, während andere gut sprechen und ein bisschen lesen können. Es ist wichtig für die Eltern, ihren Morbus Hurler-Babys so viel als möglich beizubringen, bevor die Krankheit fortschreitet. Selbst wenn das Kind beginnt, Gelerntes wieder zu vergessen, es bleiben doch erstaunliche Reste von Fähigkeiten. Die Kinder werden weiterhin verstehen können und Freude an ihrem Leben haben, selbst wenn sie die Fähigkeit zu sprechen verlieren.

 

Bezüglich Ursache, Diagnose, Therapie und Anästhesie, Vererbung und Häufigkeit lesen Sie bitte in den entsprechenden Kapiteln nach. Sie müssen nur auf die Begriffe klicken, um dorthin zu gelangen.

Geschichten von MPS-Kindern

Lachender Melvin, Kind mit MPS I
Melvin drückt sich an seine Mama, Kind mit MPS I Morbus Hurler

„Melvin ist ein richtig kleiner, wilder Bub geworden, und auf den ersten Blick wirkt er auch ganz gesund. Die Krankheit kommt noch nicht wirklich zum Tragen. Er kann noch nicht reden, das ist am auffälligsten. Dafür hat er eine wunderbare Körpersprache und kann sich so allen verständlich machen.“ (Mutter eines Buben mit MPS Typ 1)

Lesen Sie hier den berührenden Bericht über Melvin!