MPS IV  –
Morbus Morquio

Bei Morbus Morquio, auch MPS Typ 4 genannt, werden zwei Typen unterschieden. Typ A und Typ B sind im klinischen Verlauf ähnlich, beruhen jedoch auf verschiedenen genetischen Defekten. Während beim Typ A ein Sulfatase-Mangel zugrunde liegt, ist es bei Typ B ein Beta-Galaktosidase-Mangel. Typ B zeigt außerdem sowohl klinisch auch auch radiologisch abgeschwächtere Symptome auf als Typ A.

Das Krankheitsbild wurde 1929 erstmalig vom uruguayischen Kinderarzt Luis Morquió beschrieben und in der Folge auch nach ihm benannt.

Wie sehen Kinder und Erwachsene mit Morbus Morquio aus?

Äußere Erscheinung

Bei Betroffenen mit MPS 4 stehen schwere Skelettveränderungen im Vordergrund. Der Brustkorb ist deformiert, Patienten haben X-Beine, ihr Rumpf ist verkürzt und ihre Wirbelsäule schwer verbogen.

Der Gesichtsausdruck ist durch die Erkrankung etwas verändert. Ihr Mund ist verbreitert, die Kinnladen vergrößert und der Nasenrücken abgeflacht. Der Hals ist stark verkürzt.

In schweren Fällen erreichen Betroffene mit Typ A eine Körperlänge von 90 bis 120 cm, andere können auch 150 cm und mehr groß werden. Im Gegensatz dazu werden MPS 4 Typ B Patienten häufiger größer, sie können eine Erwachsenengröße von etwa 140 cm erreichen.

Zähne

Die Zähne haben weite Abstände und sind mit minderwertigem Zahnschmelz überzogen. Es ist wichtig, dass die Zähne gut gepflegt werden, denn Zahnkaries kann Schmerzen verursachen.

Wenn das Wasser nicht genügend Fluor enthält, dann geben Sie Ihrem Kind täglich Fluortabletten.

Wenn Ihr Kind bekannte Herzprobleme hat, wird es notwendig sein, vor und nach einer Zahnbehandlung Antibiotika zu geben. Gerade während einer Behandlung gelangen manche Keime vom Mund in den Blutstrom und verursachen eine Entzündung der Herzklappe.

Wenn Zähne unter Narkose gezogen werden müssen, dann soll dies nur im Krankenhaus unter der Aufsicht eines erfahrenen Anästhesisten gemacht werden.

Intelligenz

Das Morbus Morquio-Syndrom hat im Gegensatz zu anderen MPS-Formen keinerlei negativen Einfluss auf die Gehirntätigkeit, die Intelligenz unserer Patienten ist üblicherweise normal entwickelt.

Herausforderungen für Kinder und Erwachsene mit MPS Typ 4

Problemgebiete Atmung und Herz

Das Wachstum der Wirbelsäule ist stark behindert, während sich das Brustbein mehr oder weniger normal entwickelt. Dadurch kommt es zu einer schweren Verformung des Brustkorbes. Dadurch wird die normale Atmung behindert, da sich der Brustkorb bei der Einatmung nicht richtig ausdehnen kann.

Aufgrund der eingeschränkten Atemtätigkeit sind die Patienten nicht immer in der Lage, Infektionen im Lungenbereich erfolgreich Widerstand zu leisten. Gelegentlich kommt es im späteren Kindesalter zu Herzkrankheiten, die aber erst viel später zu Problemen führen.

Meist sind die Herzklappen durch die gespeicherten MukoPolySaccharide verdickt. Daher sollte eine regelmäßige Kontrolle mit EKG durchgeführt werden!

Wirbelsäule

Die Wirbelsäule ist bei einer Morquio-Erkrankung meist stark in Mitleidenschaft gezogen, es kommt zur Plattwirbelbildung. Manchmal kann einer oder können sogar mehrere Wirbel verrutschen. Dies führt zu einer Verengung des Rückenmarkkanals und zu einer Verschiebung der Wirbelsäule nach einer Seite (Skoliose), zu einer Höckerbildung (Kyphose) oder zu einer Kombination dieser Fehlstellungen (Kyphoskoliose).

Die größten Probleme schafft der Nacken. Es gibt strukturelle Fehlbildungen im oberen Teil der Wirbelsäule, die durch sehr schlaffe Bänder noch kompliziert werden. Der gesunde Mensch besitzt einen stiftartigen Fortsatz (Zahn), der vom 2. Halswirbel in den 1. Halswirbel hineinragt und der die Bewegung des Kopfes nach rückwärts und vorwärts sowie die Drehung des Kopfes ermöglicht.

Bei MPS-IV Typ A-Patienten ist dieser Zahn zwischen 1. und 2. Halswirbel entweder überhaupt nicht vorhanden oder stark unterentwickelt. Dadurch ist das Rückenmark nicht ausreichend geschützt und kann zusammengedrückt werden. Dies führt unbehandelt zu einer Querschnittslähmung.

Der Zustand der Halswirbelsäule sollte deswegen ständig überwacht werden. Korrigiert werden kann das Problem nur mittels eines chirurgischen Eingriffes, einer Fusion (künstliche Versteifung) der Halswirbelsäule (siehe auch Therapie).

Gelenke

Mit dem Wachstum kommt es allmählich zur Ausbildung von X-Beinen, die ein Gehen oft unmöglich machen. Auch hier ist ein chirurgischer Eingriff zur Korrektur möglich, es empfiehlt sich aber damit zu warten, bis die Kinder ausgewachsen sind.

Bänder und Sehnen von Betroffenen mit MPS Typ 4 sind schlaff, die Fußknöchel schwach und nach innen gedreht, auch Plattfüße sind die Folge. Gelegentlich helfen orthopädische Schuhe oder Schienen.

Die Schultergelenke sind oft teilweise nach unten zu ausgerenkt (Subluxation), so dass die Arme in gestreckter Form nicht über den Kopf gehoben werden können. Dies kann zu Problemen beim Anziehen führen. Auch kann es in der Schule schwierig sein, die Aufmerksamkeit des Lehrers auf sich zu lenken, weil die Kinder nicht richtig aufzeigen können.

Ein Ausrenken der Hüftgelenke ist bei Patienten mit Morbus Morquio nicht ungewöhnlich, aber nicht immer ist eine Behandlung gleich erforderlich. Später aber, bei schmerzhaften Zuständen, kann man eine Operation in Betracht ziehen.

Die Handgelenke sind vergrößert und verbogen, deformiert. Die Schlaffheit der Bänder führt zur Schwächung der Hände. Das Schreiben macht Schwierigkeiten, weil es mühsam ist, einen Stift zu halten. Die Verwendung einer Schreibmaschine oder eines Computers erleichtert die Situation.

Sinnesorgane

Es gibt zweierlei Arten von Schwerhörigkeit, eine Schallleitungsschwerhörigkeit und die sogenannte sensorische oder Nervenschwerhörigkeit (Innenohrschwerhörigkeit). Beide Arten können auftreten (siehe auch Morbus Hurler).

Im Auge kommt es zu einer Hornhauttrübung.

Geschichten von MPS-Kindern

Bezüglich Ursache, Diagnose, Therapie und Anästhesie, Vererbung und Häufigkeit lesen Sie bitte in den entsprechenden Kapiteln nach. Sie müssen nur auf die Begriffe klicken, um dorthin zu gelangen.